Mit dem Hund aufs Volksfest – Ein ehrlicher Klartext

5. April 2018

Bianca Wolff

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Dichte Menschenmenge auf einem Weihnachtsmarkt – stressige Umgebung für Hunde.

Mit dem Hund auf die Kirmes?

Yeah! Gutes Wetter – und schon strömen die Leute wieder raus.
Jedes Wochenende gibt’s irgendwo was zu feiern: Flohmarkt, Kirmes, Kerb, Frühlingsmarkt, Stadtfest, Herbstmarkt, Weihnachtsmarkt – oder zur fünften Jahreszeit: Karneval, Fastnacht, Fasching, wie auch immer du’s nennst.

Was immer los ist: Buden brutzeln, Lautsprecher plärren, Menschen drängeln
und mittendrin: Hunde.

Und jedes Mal frage ich mich: Warum eigentlich?
Nur weil ein Hund mit kann, heißt das noch lange nicht, dass er auch mit sollte.

Stresszone statt Erlebnis

Meiner Wahrnehmung nach finden das die meisten Menschen nicht gut – aber es gibt immer wieder ein paar, die meinen, das sei völlig in Ordnung.
Wie bei vielem gibt es Pro und Kontra – aber meine Meinung ist klar:
Hunde haben auf einem Volksfest nichts verloren.
Es sei denn, sie sind speziell dafür ausgebildet – Rettungshunde, Polizeihunde, die ihren Job dort machen. Und selbst die arbeiten unter kontrollierten Bedingungen – nicht zwischen Crêpe-Bude und Karussell, mit Herrchen in Freizeitlaune und Bierbecher in der Hand.

Was die meisten vergessen: Hunde erleben anders

Hunde hören, riechen und sehen sensibler – sie nehmen alles intensiver wahr.
Solche Veranstaltungen sind für sie eine komplette Reizüberflutung.
Was der Mensch als buntes Treiben erlebt, ist für den Hund:
Lärm, Gedränge, brüllende Kinder, schreiende Erwachsene, ruckartige Bewegungen, frittierte Gerüche, Alkohol, Leinenchaos, Musikbass.

Und er selbst?
Mit 20 – 60 cm Stockmaß mitten in der Menge. Er sieht nur Beine, kann nichts einordnen.
Der Halter steht oben drüber – und sagt dann sowas wie: „Ach, der macht das schon.“

Weihachtsmarkt

Gewöhnung ist kein Argument

Ich hab schon öfter gehört:
„Der soll das mal kennenlernen. Man muss die dran gewöhnen.“

Aber ganz ehrlich – warum genau?
Welchen Vorteil hat dein Hund davon, auf der Kerb oder dem Weihnachtsmarkt mitzugehen, wenn er dort gar nichts Positives erleben kann?
Wenn es ihm dort eigentlich zu viel ist – und er einfach durchhalten soll?

Wenn du einen Hund gezielt an Trubel gewöhnen willst, dann bitte im Rahmen eines Trainings, mit Struktur und klarer Begleitung.
Das ist Arbeit – keine Familienunterhaltung mit Kinderwagen und Pommes-Tüte.
Und dann trägt der Hund bitte auch eine Warnweste, damit andere wissen: Der ist nicht zum Anfassen da. Der arbeitet gerade.

Profilierung, Bequemlichkeit oder Planlosigkeit?

Ich stelle mal ein paar ehrliche Fragen:

• Muss der Hund wirklich mit – oder ist es Bequemlichkeit?

• Ist das Tier ein fester Teil der Familienausflugs-Show?

• Oder kann er einfach nicht alleinbleiben, weil das nie geübt wurde?

• Oder – ganz bitter – soll der Hund einfach „auch mal was erleben“?

Unterschätzte Gefahren – für alle Beteiligten

Ein Hund auf einem Volksfest ist nicht nur für sich selbst im Stress – er ist auch ein Risikofaktor für andere.

Menschen mit Angst vor Hunden – gerade Kinder – werden durch solche Begegnungen völlig überfordert.
Verletzungsgefahr: Ein Hund, der plötzlich ausweicht oder sich losreißt, bringt nicht nur sich, sondern auch Umstehende in Gefahr.
Und dann kommen die anderen Hunde.

Nicht selten laufen gleich mehrere Halter gleichzeitig mit ihren Hunden durchs Gedränge.
Zwei gestresste Hunde begegnen sich – einer wird unsicher, der andere geht auf Angriff – und schon hängen zwei Tiere straff in der Leine.
Mitten im Menschenpulk.
Die Halter?
Meist in einer Hand ein Bier, oder das Crêpe – und komplett überfordert, wenn die Situation kippt.
Ein Wort, ein Knurren, eine falsche Bewegung – und der ganze Markt ist aufgemischt.

Was tun, wenn der Hund nicht alleinbleiben kann?

Ganz einfach:
Dann ist nicht der Jahrmarkt das Problem, sondern das fehlende Alleinbleib-Training.
Da hilft kein Ausreden-Spagat und kein „aber der muss halt mit“.

Wenn dein Hund nicht alleinbleiben kann, dann:

• Geh das Thema an.
Hol dir Unterstützung von einem Profi. Schritt für Schritt.

Organisiere eine Hundepension oder Tagesbetreuung.
Rechtzeitig. Nicht am Abend vor dem Fest.

Dein Hund muss nicht alles können – aber er sollte nicht unter deinen Versäumnissen leiden.

Feste feiern – mit Verantwortung

Feiern ist schön. Rausgehen auch. Aber dein Hund braucht keine Zuckerwatte.

Er braucht Ruhe.
Er braucht Sicherheit.
Und er braucht Menschen, die sagen: „Das hier ist nichts für dich. Du bleibst lieber da, wo du dich wohlfühlst.“

Und das ist meistens: Zuhause. In der Hundepension. Oder bei jemandem, der es gut macht.

Wenn du dir nicht sicher bist, ob dein Hund das aushalten kann – dann kann er’s wahrscheinlich nicht.
Und wenn du dich fragst, ob du mal Betreuung ausprobieren solltest – mach es.
Nicht, wenn’s zu spät ist. Sondern vorher.
Jetzt schon mal vorbauen. Jetzt schon Betreuung organisieren.
Dann kannst du feiern – und dein Hund kann durchatmen.

Viele Menschen auf einem Volksfest.

Klartext: Ohne Sozialverhalten – mitten in die Menge? Echt jetzt?

Leider erlebe ich bei meiner täglichen Arbeit allzu häufig, dass viele Hunde die einfachsten Sozialkompetenzen nicht besitzen. Und zwar tatsächlich nicht mal in ihrer eigenen Sprache – es geht um Respekt, um Distanz, um Körpersignale.

Wenn ein Hund nie gelernt hat, wie man höflich Hallo sagt oder wie man deeskaliert, reagiert er auf Druck oft mit Stress, Übersprungverhalten oder sogar Aggression.

Und jetzt stell dir genau so einen Hund mitten auf einem vollen Festplatz vor.
Die allermeisten Halter verstehen nicht mal die Körpersprache ihres eigenen Tieres (ja, ich weiß, jetzt kommen die ganzen „doch, ich wohl“).

Aber wer nicht mal erkennt, dass der eigene Hund schon längst im roten Bereich ist – und dann noch glaubt, er könne das „schon mal aushalten“ – handelt fahrlässig.

Es ist weder tiergerecht noch verantwortungsvoll, den Hund mit in Situationen zu nehmen, für die er sozial und emotional nicht gerüstet ist.
Das ist keine Prägung, das ist eine Zumutung. Für das Tier – und für alle drum herum.

Artikel von Bianca Wolff

Seit 2013 betreue ich mit Herz und Verstand Hunde & Katzen im Taunus – liebevoll, erfahren & familiär.
🌿 Familienanschluss statt Zwinger.
❤️ Klar, verlässlich, mit Herz – und einem Blick fürs Wesentliche.

2 Gedanken zu „Mit dem Hund aufs Volksfest – Ein ehrlicher Klartext“

  1. Wir handhaben es wie folgt: klar haben wir auch Lust auf Weihnachtsmarkt und der gleichen.
    Unser Hund ist an andere Hunde und Trouble, bis zu einem bestimmten Punkt, gewöhnt und er kann von seiner Art her sehr gut damit umgehen. Trotzdem gehen wir mit ihm nicht in den dicksten Menschenauflauf hinein. Wenn wir zum Markt gehen oder auf ein Volksfest dann nur wenn dort keine laute Musik ist und auch nur zu Nebenzeiten, nicht im Hauptgewusel!
    Wir bleiben auch mit dem Hund immer am Rand, sodass wir immer mindestens eine Fluchtrichtung frei haben. Das ist für unseren Hund ok. Wir beobachten ihn genau und wenn er Anzeichen von Stress zeigt treten wir sofort den Rückzug an und gehen in den Park oder einen Wald, Wiese wo er dann erstmal so richtig durchatmen kann und rennen und toben kann. Ist übrigens auch für den Menschen besser 🙂

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