Unkastrierter Rüde und die Herausforderung in der Hundepension

5. April 2018

Bianca Wolff

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Pinkelnder Hund

Häufig werde ich gefragt, ob ich auch unkastrierte Rüden in meiner Pension aufnehme. Anfangs habe ich dies blauäugig gemacht, musste aber leider sehr schnell feststellen, dass dies immer wieder zu großen Problemen führt. Das Hauptproblem ist das „markieren“.

Alltag ist nicht Hundepension

Diesen Satz höre ich immer wieder. Aber bitte bedenke: Deine Erfahrungen stammen aus dem Alltag – aus dem Revier deines Hundes. Zu Hause ist alles klar definiert. Da muss er nicht markieren, weil es einfach sein Reich ist. Außerdem riecht es dort nicht nach vielen fremden Hunden, sondern höchstens nach seinen Freunden, die er kennt und mit denen er sich versteht. Da braucht er nicht ständig zu zeigen, dass er der Chef ist.

In meiner Hundebetreuung sieht das ganz anders aus: Hier pinkeln unsichere Hunde sehr oft tatsächlich im Haus. Und der Geruch? Ganz ehrlich – es stinkt gewaltig. Sie setzen so viel Urin ab, wie nur irgend möglich, um alle alten Gerüche zu übertünchen. Schließlich muss für alle klar sein: Jetzt ist der „neue Chef“ da!
Oder er ist schlicht unsicher und fühlt sich im eigenen „Muff“ einfach wohler. So ist es leider.


Unruhe, Stress und Dauerfiepen

Unkastrierte Rüden verhalten sich in einer Hundegruppe oft sehr unruhig. Sie sind gestresst, hecheln viel und fiepsen teilweise den ganzen Tag (und manchmal auch nachts). Häufig sind sie triebig und bedrängen andere Hunde, was wiederum diese in Stress versetzt.

Aggressionen im Kontakt mit anderen Hunden? Für viele Halter im Alltag längst normal – fällt oft gar nicht mehr auf, weil man als Besitzer Stresssituationen schon lange intuitiv meidet.
In meinem familiären Hundeservice aber gibt es keinen Ausweg: Er mischt die Hundegruppe auf und sorgt für Dauerstress – für alle Beteiligten.

Im schlimmsten Fall bedeutet das: Urlaub abbrechen und den Hund wieder abholen.


Kastration beim Hund: Was das Tierschutzgesetz sagt

Fangen wir mal mit den Fakten an: In Deutschland ist dieser Eingriff beim Tierarzt rechtlich kein Freifahrtschein. Der § 6 Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) sagt ganz klar:
„Das Entfernen von Organen oder Geweben bei einem Tier ist verboten.“

Aber wie so oft gibt es Ausnahmen – und drei davon sind für diesen medizinischen Eingriff besonders wichtig:
Tierärztliche Indikation: Wenn der Hund gesundheitliche Probleme hat, die sich nur so behandeln lassen (z. B. Hormonstörungen, chronische Entzündungen).
Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung: Damit nicht jede läufige Hündin in der Nachbarschaft gedeckt wird.
Sicherung der weiteren Nutzung und Haltung: Gerade bei Gruppenhaltung kann eine Operation das Zusammenleben erleichtern.

Was heißt „intakter Rüde“ eigentlich?

Ganz einfach: Ein Hund, der noch „alles dran“ hat – nicht kastriert ist. Klingt in der Theorie gut, in der Praxis ist es oft eine echte Herausforderung. Gerade wenn irgendwo eine nicht sterilisierte Hündin in der Nähe ist, hat er oft eine Schippe mehr Energie.
Da hilft dann weder gutes Zureden noch Hundeschule.


Theorie vs. Alltag: Wunschdenken und Wirklichkeit

Klar, viele sagen: „Kastrieren lassen ist unnötig, wenn man seinen Hund gut im Griff hat.“ Leine, Erziehung, Achtsamkeit – alles schön und gut. Aber in der Realität? Sieht das oft anders aus.
Viele Halter glauben, ihre unversehrten Freunde unter Kontrolle zu haben – bis der erste Zaun übersprungen wird oder der Hund wegen seines Testosterons zum kleinen Tyrannen mutiert.
Ja, eine Kastrierung ist ein Eingriff. Aber er ist Routine in der Tiermedizin – kein Drama und sicher keine „Qual“.

Hormonchip – keine Garantie

Manche setzen lieber auf den Hormonchip. Aus meiner Erfahrung: Der wirkt in jeder Umgebung unterschiedlich. In einer Hundepension, wo viele Hunde zusammenkommen und der Erregungszustand hoch ist, kann der Wirkstoff schneller abgebaut werden. Ich habe oft erlebt, dass der Chip einfach nicht zuverlässig wirkt – selbst ein schriftlicher Nachweis gibt keine Garantie (ich bin da tatsächlich bereits belogen worden – persönliche Erfahrung).

Deshalb nehme ich in meiner Betreuung grundsätzlich keine unkastrierten Rüden auf – auch nicht mit Hormonchip. Für eine stressfreie Atmosphäre ist eine klare Entscheidung einfach notwendig.

Mögliche Hilfe – und warum viele Männer zögern

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine Beratung beim Tierarzt!

Häufig denken Männer, dass man sie selbst kastriert – und nicht ihren Hund. 😉 Dabei gibt es meistens keinen guten Grund, seinen Vierbeiner nicht kastrieren zu lassen. Züchten wollen die wenigsten. Trotzdem erlebe ich immer wieder, dass vor allem männliche Hundebesitzer das Thema nicht ernst nehmen – oder sogar blockieren.
Oft höre ich von Frauen, dass sie gerne anders entscheiden würden, aber leider überstimmt werden.

Wichtig dabei: Der Eingriff sollte nicht zu früh, aber auch nicht zu spät erfolgen. Zu früh kann dazu führen, dass der Hund in seiner Entwicklung „stehen bleibt“. Zu spät – und der Markiertrieb ist längst zur Gewohnheit geworden. Dann bleibt der Drang, auch wenn das Testosteron längst weg ist.
Leider scheint das viele gar nicht zu stören – kein Wunder, sie müssen ja nicht in der stinkenden Pfütze grillen oder auf der Parkbank sitzen.

Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmen – und ja, manchmal funktioniert’s sogar in Hundegruppen problemlos (Ironie off!). Aber meine Erfahrung zeigt: Für ein entspanntes Miteinander ist eine klare Entscheidung meistens der bessere Weg.

Warum das Thema immer wichtiger wird

Insgesamt wird es immer schwieriger, mit einem unkastrierten Rüden im Alltag klarzukommen. Fast ein Viertel aller Haushalte in Deutschland hält mittlerweile mindestens einen Hund – und viele haben sogar mehrere. Durch Corona ist die Zahl der Hundehalter noch einmal deutlich gestiegen.

Früher, in den 50er-Jahren, hielten meist nur Bauern und Jäger Hunde, die ihr Revier untereinander regelten. Sie liefen frei durchs Dorf – Konflikte gab es kaum, weil die Dichte so gering war. Heute dagegen machen schon allein der Straßenverkehr und die Leinenpflicht das Ganze extrem herausfordernd. Außerdem überschneiden sich die Reviere durch die hohe Hundedichte in Städten und Dörfern ständig. Leinen, mangelnde Erziehung, Unsicherheiten beim Hundeführer – das alles verschärft die Lage noch zusätzlich. Wie beim Menschen spielen dabei auch Sympathien und schlechte Erfahrungen eine große Rolle, gerade bei Hunden aus dem Tierschutz.

Das Hauptproblem dabei: In Deutschland kann sich die Hundepopulation nicht auf natürliche Weise regulieren. Je mehr Vierbeiner pro Quadratkilometer, desto mehr Konflikte. Jahrelang war es eine gängige Methode, Rüden zu kastrieren – die Risiken bei Hündinnen sind dabei deutlich gravierender (ich sehe sehr häufig Inkontinenz nach Kastration oder Sterilisation).

Meiner Meinung nach gibt es nur wenige Optionen: Entweder weniger Hunde pro Haushalt (das will natürlich kaum jemand), eine konsequente Kastration der männlichen Tiere oder straffere Vorgaben für Hundehalter – wie etwa einen verpflichtenden Hundeführerschein. Gerne auch in Kombination.


Pro & Kontra – kurz und klar

Pro 

  • Kann Nachwuchs erzeugen
  • Körperlich unversehrt (intakt)

Kontra 

  • Aggression
  • verstärkte Triebhaftigkeit
  • Markiererei, überall und viel
  • Sehr hohes Stressniveau
  • Urin stinkt (Urinstinkt g)
  • Bedrängt andere Hunde in der Gruppe
  • In der Nähe von läufigen Hündinnen nicht mehr lenkbar
  • Vorbeugung von Vorhautentzündung

Gentleman ist kein Standard – leider!

Es wäre schön, wenn mehr Hundebesitzer darauf achten würden, dass ihr Hund nicht an Hauswände, Sitzbänke, Autos oder Blumentöpfe pinkelt. Es gehört sich einfach nicht – und es animiert andere Tiere nur dazu, auch dagegen zu pinkeln. Auf Dauer entstehen üble Gerüche und Schäden an fremdem Eigentum. Der Unterschied zwischen Außenwand und Innenwand? Den sehen viele unkastrierte Rüden im Trieb nicht mehr – sie heben einfach das Bein. Eine Operation ersetzt keine Erziehung. Da ist der Hundehalter gefragt – und nur er.

Kastration – gut für alle Beteiligten

  • Eine frühzeitige Kastrierung ist nicht nur für andere Lebewesen ein Vorteil – sondern auch für deinen Hund. Er kann entspannter durchs Leben gehen und hat deutlich weniger Stress. Übrigens: Einer möglichen Gewichtszunahme nach dem Eingriff kann man mit einer gesunden, artgerechten Ernährung gut vorbeugen.
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Pinkelnder Hund
Selbstverständlich gibt es Ausnahmen – ich bitte um Verständnis, dass ich für meine Pension eine Entscheidung treffen musste. Dieser Beitrag spiegelt meine persönlichen Erfahrungen und Meinung wieder, und erhebt kein Recht auf Richtigkeit oder Vollständigkeit.

Mein Fazit

Heute ist das Leben enger als früher: mehr Hunde, mehr Konflikte, mehr Stress. Damit alle in meiner Pension entspannt und sicher zusammenleben können, habe ich eine klare Entscheidung getroffen – aus Erfahrung und immer im Sinne des Wohlergehens aller. Hinweis: Dieser Beitrag spiegelt meine persönlichen Erfahrungen und Meinung wider. Er erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder Vollständigkeit.

Zusammenfassung:

✅ Rechtlich geregelt – Medizinische Eingriffe sind in Deutschland nur in bestimmten Fällen erlaubt.
✅ Aggression, Stress, Markieren – das sind die häufigsten Probleme, wenn ein Vierbeiner nicht kastriert ist.
✅ Hormonchip keine Garantie – er wirkt nicht immer zuverlässig, vor allem nicht in meiner familiären Hundebetreuung.
✅ Der Eingriff entlastet alle – nicht nur andere Hunde, sondern auch das eigene Familienmitglied.
✅ Artgerechte Ernährung bleibt wichtig – egal ob kastriert oder nicht.
✅ Kastrierte Gäste in meiner Urlaubsbetreuung – für Ruhe und Sicherheit im Team (Rudel/Hundegruppe).

Artikel von Bianca Wolff

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